Die Fälle IV
5:44 Uhr - das schwere Stahltor der Bayete Lodge rumpelt schwerfällig zu Seite und gibt den Blick frei auf die unbeleuchtete Straße. Wir stehen im Schein der Hausbeleuchtung und fragen uns schon jetzt, was wir hier eigentlich machen. Micha hegt allerhöchsten Zweifel, ob das mit dem Taxi überhaupt so eine gute Idee war. Doch eine Minute später kommt unser Taxi tatsächlich um die Ecke und sammelt uns verschlafen auf!
10 Minuten später stehen wir am Ticketschalter des Parkeingangs. Der öffnet offiziell erst um 6:00. Die Wachen stehen am Drehkreuz und im Büro ist schon Licht. Auch der Parkmitarbeiter ist schon da, aber wie gesagt, der Park öffnet erst in fünf Minuten und so schauen wir uns gegenseitig beim Warten zu. Punkt 6:00 Uhr wird der Computer angeschaltet, wohl ein alter Windowsrechner, der gefühlt ewig braucht um hochzufahren. Der graue Kasten rappelt gemütlich vor sich hin und der Parkmitarbeiter tippelt irgendwelche Sachen in sein Keyboard.
Wir haben schon Bedenken, dass die Sonne heute ohne uns über den Fällen aufgeht. Aber endlich haben wir unsere Tickets und wetzen los - ein Wachmann fragt uns noch im Vorbeigehen, ob wir den Sonnenaufgang über den Fällen sehen wollen, zeigt uns den Weg, aber da sind wir schon längst auf dem Pfad zu den Main Falls. Es ist fast windstill, die Gischtwand ist zwar hoch, wird aber nicht zu uns getrieben.
Der Himmel färbt sich langsam und kündigt die aufgehende Sonne an. Die ersten Strahlen kriechen über die Hügelkette am Horizont und tauchen die Landschaft in ein goldenes Licht. Der Sprühnebel wird jetzt von hinten beleuchtet und auf der Wasseroberfläche des Sambesi glitzert das Licht. Aber sobald die Sonne beginnt, die Schlucht aufzuwärmen, drückt die Thermik die Gischt wieder in unsere Richtung. Wir genießen den Moment der Einsamkeit mit den Naturgewalten unmittelbar vor uns.